Abwasser gefährden Seegraswiesen
Gili Trawangan ist nur 6 km² groß. Trotzdem tummeln sich auf der indonesischen Insel jährlich bis zu einer halben Millionen Touristen, siebenmal mehr als auf der gleichgroßen Nordseeinsel Helgoland. Auf Gili werden weiter Hotels gebaut, die Abwässer gelangen zunächst weitgehend ungeklärt in die sandigen Böden der Insel und dann über das Grundwasser und seine unterirdischen Verbindungen ins Meer. Dort richten die Verschmutzungen großen Schaden in den Seegraswiesen an, denn die mit den Abwässern einher gehende Überdungung fördert das Algenwachstum, schadet aber dem Seegras. Mit ihm gehen auch die durch die Wiesen gebotenen Ökosystemdienstleistungen verloren. Um dieser Situation buchstäblich auf den Grund zu gehen, fördert die Stiftung das hier beschriebene Vorhaben mit 1.000 Euro.
Antragstellerin
Sarah Zwicker
Doktorandin am
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung
und der Universität Bremen
Das Bild zeigt sie bei Nährstoffprobennahmen mit örtlichen Unterstützungskräften.
Projektbeschreibung
Gemeinsam mit Studierenden der Universität Mataram werden drei Seegraswiesen der Ostseite Gili Trawangans bio-geo-chemisch kartiert. Die drei Wiesen repräsentieren Sektoren mit unterschiedlicher Hoteldichte und Abwasserbelastung. Die Ergebnisse der biologischen Kartierung der Sektoren werden dann mittels statistischer Tests verglichen.
Warum gerade diese Insel?
Der Massentourismus ist auf Gili Trawangan in den frühen 2010er eingezogen und hat einen starken Strukturwandel der Insel mit sich gebracht. Innerhalb weniger Jahre wurde die Westseite touristisch erschlossen und bis ins Zentrum bebaut. Gleichzeitig hat sich eine starke Gemeinschaft aus Manager:innen und NGOs entwickelt, die sich Nachhaltigkeitsproblemen aktiv annehmen. Heute ist Gili Trawangan eine Vorreiterinsel im Umgang mit Plastikmüll. Aus Eigeninitiative der Inselgemeinschaft wurde beispielsweise eine Mülldeponie mit Recyclingstation gebaut und es wurden über 40 kostenfreie Wasserflaschen-Refill Stationen zur Verfügung gestellt.
Aber: Dem „unsichtbaren“ Nachhaltigkeitsproblem der Abwasserverschmutzung wurde bis jetzt viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet. Aus Interviews, die Sarah Zwicker mit Hotelmanager:innen geführt hat, geht hervor, dass auch neue Hotels keine geschlossene Abwasserinfrastruktur besitzen müssen. Selbst „beachfront“ Hotels mit über 50 Zimmern können ihre Abwässer ungeklärt in den Boden leiten. Eine daraus resultierende Abwasserverschmutzung der Seegraswiesen kann bereits nachgewiesen werden.
Noch ist die Ostseite der Insel deutlich weniger erschlossen, als die dicht bebaute Westseite. Aus diesem Grund wird sich die Zukunft des Tourismus auf Gili Trawangan gezwungener Maßen zur Ostseite hin orientieren. Derzeit sind mehrere Hotelkomplexe im Bau und Bauland zum Verkauf ausgeschrieben. Es ist also dringend erforderlich, den derzeitigen Zustand der Seegraswiesen an der Ostseite zu dokumentieren und den Einfluss des Tourismus abzuschätzen. Zum einen soll so den zuständigen Entscheidungsträger:innen eine Bewertungs- und Entscheidungshilfe an die Hand gegeben werden. Zum anderen soll auch insgesamt ein Bewusstsein für den Einfluss von Abwasserverschmutzung innerhalb der Inselgemeinschaft geschaffen werden. Noch können Baustandards angepasst und überprüft werden, die die Abwasserverschmutzung auf der Ostseite der Insel (sowie anderer Inseln des Archipels) beschränken könnten. Es hat sich gezeigt, dass mit dem Baufortschritt Modifikationen der Systeme zunehmend schwerer umzusetzen sind.
Eine weitere positive Auswirkung der Untersuchungen soll die Integration der Student:innen der Universität Mataram sein. Es soll ihnen ermöglichen, ihr Wissen aus Vorlesungen in einem Reallabor anzuwenden. Sie werden Methoden der Seegraskartierung erlernen, Ergebnisse wissenschaftlich auswerten und ihren Mitstudierenden präsentieren. So sollen sie für die sozio-ökologische Bedeutung der Seegraswiesen und ihre Gefährdung sensibilisiert werden.
Das Foto zeigt einen Teil des Teams auf Indonesien. Zu den Frauen gehört auch Connie Kwong, die in einem anderen Projekt der Stiftung mit Kindern an Zukunftsthemen für die Insel arbeitet.