Scheibenanemonen
Bislang hat man viel von Algen gehört, die unter den Bedingungen des Klimawandels Korallen gefährden, konkret überwuchern. Aber es gibt auch andere Lebenwesen im Ozean, die das empfindliche System der Korallenriffe stören können, z. B. Scheibenanemonen. Wie die Interaktion zwischen Korallen und ihnen genau aussieht und was konkret im Meer passiert, das will Jan Zimmermann für seine Masterarbeit auf Sansibar untersuchen. Die Stiftung fördert ihn dabei mit 2.000 Euro.
Antragsteller
Jan Zimmermann
Masterstudent der Biologie/Chemie an der Universität Bremen
in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung
Projektbeschreibung
Bevor Jan Zimmermann für seine Masterarbeit nach Sansibar gehen kann, muss er die formale Ausbildung als Forschungstaucher absolvieren. Das wird in bzw. vor Elba passieren. Aber dann kann es losgehen.
Warum können Scheibenanemonen z. B. Steinkorallen gefährlich werden? Die Antwort lautet: wegen des Klimawandels. Konkret heißt das, dass die Scheibenanemonen um einiges widerstandsfähiger sind als die empfindlichen Korallen. Sie haben kein Kalziumskelett, was ihnen in den zunehmend versauerten Ozeanen zugute kommt. Außerdem sind sie deutlich hitzetoleranter, so dass sie für steigende Meerestemperaturen besser gewappnet sind. Auch verstärkte Sonneneinstrahlung und die zunehmenden Nährstoffeinträge in das Meer setzen den Scheibenanemonen weniger zu. Sie verfügen zudem über effektive Reproduktions- und Konkurrenzmechanismen, die sie zu erfolgreichen Verdrängern machen.
Alle diese Eigenschaften lassen vermuten, dass Scheibenanemonen in bestimmten Kontexten Steinkorallen nicht nur verdrängen, sondern ganze Riffgemeinschaften in sogenannte "soft coral dominated communities" überführen können. Dieser Prozess wird als Phase Shift bezeichnet. Obwohl regionale Studien auf diese Entwicklung hinweisen, ist die Datenlage noch nicht ausreichend, um die zugrundeliegenden ökologischen Mechanismen und Wechselwirkungen vollständig zu verstehen.
Ziel der Arbeit
Ziel der Arbeit von Jan Zimmermann ist es, die Bedingungen zu untersuchen, unter denen Scheibenanemonen Steinkorallen erfolgreich verdrängen, und so einen Beitrag zu einem besseren Verständnis möglicher zukünftiger Entwicklungen in tropischen Riffökosystemen zu leisten.
Zur Untersuchung der Konkurrenz zwischen Steinkorallen und Scheibenanemonen werden kombinierte Feld- und Laborexperimente durchgeführt. Die Freilanduntersuchung findet an Korallenriffen vor Sansibar statt. Dort werden Säckchen mit nährstoffhaltigem Substrat befestigt, die über einen Zeitraum von drei Monaten langsam Nährstoffe ins umliegende Wasser abgeben. Zu Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums werden die Riffe systematisch fotografiert. Die gewonnenen Bilder werden anschließend analysiert, um Veränderungen in der Bedeckung durch Steinkorallen und Scheibenanemonen sichtbar zu machen. Zusätzlich werden physikalisch-chemische Parameter wie Temperatur und Salzgehalt regelmäßig gemessen, um deren Einfluss auf die beobachteten Veränderungen bewerten zu können.
Parallel dazu werden kontrollierte Laborexperimente in Aquarien in Deutschland durchgeführt. Auch hier liegt der Fokus auf den Auswirkungen unterschiedlicher Nährstoffkonzentrationen auf das Wachstum und Verhalten von Scheibenanemonen im Vergleich zu Steinkorallen. Weitere Einfluss-faktoren, wie beispielsweise Lichtintensität oder Strömung, sollen in Folgeexperimenten berücksichtigt werden, um ein umfassenderes Bild der Mechanismen hinter möglichen Verdrängungsprozessen zu erhalten.
Die Ergebnisse des Projekts sollen helfen, die Prozesse besser zu verstehen und frühzeitig zu erkennen. Auf dieser Grundlage können lokal angepasste Managementmaßnahmen entwickelt werden, die gezielt die Ausbreitung von Scheibenanemonen eindämmen und den Erhalt von Steinkorallen fördern. Zwar können diese Maßnahmen den globalen Klimawandel nicht aufhalten, sie leisten jedoch einen wichtigen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel und zur Stärkung der ökologischen Widerstandsfähigkeit mariner Ökosysteme. In diesem Sinne unterstützt das Vorhaben das Ziel, Natur- und Lebensgrundlagen auch unter sich wandelnden Umweltbedingungen zu bewahren.
Darüber hinaus basiert das Projekt auf einer engen Zusammenarbeit mit lokalen Forschungseinrichtungen und Fachkräften, deren Wissen und Erfahrung für das Gelingen der Untersuchungen zentral sind. Der Austausch von Kenntnissen und Methoden fördert den gemeinsamen Aufbau von Wissen über Riffveränderungen und unterstützt langfristige Partnerschaften.