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Perspektiven eröffnen .... Nachhaltigkeit als Verpflichtung
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Laterale Flüsse aus Mangrovenökosystemen

Neben zahlreichen Vorteilen gehören Mangrovenökosysteme zu den kohlenstoffreichsten Ökosystemen der Welt. Sie sind in der Lage, atmosphärisches und ozeanisches Kohlendioxid über Jahrhunderte bis Jahrtausende in ihrer Biomasse und in Sedimenten zu speichern. Als sogenannte „Blue Carbon“-Ökosysteme spielen sie eine zentrale Rolle bei der Minderung des Klimawandels. Trotz ihrer anerkannten Bedeutung gibt es jedoch noch erhebliche Wissenslücken im Verständnis ihres Kohlenstoffkreislaufs. Daran will dieses Projekt etwas ändern, das die Stiftung mit 2.000 Euro fördert.

Antragstellerin

Victoria Wegner

Masterstudentin im Fach Marine Biologie

an der Universität Bremen

und am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Projektbeschreibung

Dass in Mangroven sehr viel CO2 über lange Zeit festgehalten wird, ist bekannt, trotzdem gibt es noch erhebliche Wissenslücken, um das Ökosystem vollständig zu verstehen.

Ein besonders wenig erforschter Aspekt ist das sogenannte Outwelling – der laterale Fluss bzw. der horizontale Transport von organischem Kohlenstoff innerhalb der Küstendynamik, die durch Ebbe und Flut bestimmt wird. Obwohl dieses Phänomen bereits seit den 1960er Jahren diskutiert wird, hat das Fehlen standardisierter Methoden die Datenerhebung und Synthese erschwert. Diese offene Frage gilt insbesondere für Malaysia, das 3,8 % der weltweiten Mangrovenwälder beherbergt und auf Platz sechs der Mangrovenfläche rangiert und wo bisher keine Studien zu diesem Thema durchgeführt wurden.

Um diese Lücke zu schließen, wird die Forschung von Victoria Wegner erstmals die lateralen Flüsse von partikulärem organischem Material (POM) in und aus Mangrovenökosystemen in Malaysia untersuchen. Ihre Studie wird die exportierten und importierten Mengen von POM am Untersuchungsstandort Kuala Selangor quantifizieren, deren Qualität bewerten und mithilfe molekularer Methoden die Herkunft des Materials bestimmen, um zwischen autochthonen (lokal produzierten) und allochthonen (extern eingetragenen) Quellen zu unterscheiden. Durch die Integration dieser Methoden wird die Forschung erstmals Einblicke in die lateralen Flüsse von Mangrovenökosystemen und damit in den bislang unerforschter Aspekt des Kohlenstoffkreislaufs dieser Ökosysteme liefern. Außerdem sollen deren räumliche Variabilität und Wechselwirkungen mit angrenzenden Küstengebieten analysiert werden. Darüber hinaus soll eine Methodik etabliert werden, die auf andere Systeme übertragbar ist und somit zu einem besseren Verständnis der Rolle von Mangrovenökosystemen im globalen Kohlenstoffkreislauf beiträgt. Langfristig werden diese Erkenntnisse entscheidend sein, um Schutzmaßnahmen zu unterstützen und effektive Strategien für das Kohlenstoffmanagement zu entwickeln.

Um ihre Ziele zu erreichen, hat sich Victoria Wegner eine besondere Herangehensweise überlegt. Sechs Standorte mit "Fringe" Mangroven entlang der Küste von Kuala Selangor werden ausgewählt. Zur Probenahme des importierten und exportierten POM wird eine speziell entwickelte Netzkonstruktion eingesetzt. Die Netze werden vor den Mangroven positioniert. Bei Flut, um den Import zu beproben, werden die Netze zum Ozean hin ausgerichten. Bei Ebbe, um den Export zu beproben, werden die Netze zum Land ausgerichtet. Die Netzöffnung ist extra so gewählt, dass sich keine Makrofauna darin verfangen kann. Sollte dies dennoch passieren, wird gefangene Makrofauna umgehend freigelassen.

An jedem Standort werden drei Replikate beprobt. Die Probenahme erfolgt einmal während einer Nipptide und einmal während einer Springtide. Zusätzlich werden Wasserstand, Temperatur, Salzgehalt, pH-Wert und Strömungsgeschwindigkeit bei Netzplatzierung und -entnahme gemessen. Referenzmaterial für den molekularen Ansatz wird auch gesammelt. Zur Quantifizierung der POM-Menge werden die Proben getrocknet und gewogen. Die Qualität wird mittels schrittweisem Veraschungsprozess ("Step-wise muffling") analysiert. Zur Bestimmung und Identifizierung der Herkunft des Materials wird ein molekularer Ansatz, Multiplexed Phylogenetic Marker Sequencing (MPM-seq), gewählt. Die erhobenen Daten werden statistisch analysiert und interpretiert, um ein umfassendes Verständnis des lateralen Flusses an diesem Standort zu erhalten und mögliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsgebieten zu identifizieren.

Für das Verständnis der gesamten Kohlenstoffdynamik in Mangrovenökosystemen ist es entscheidend, diese Prozesse besser zu verstehen, um Nettozuwächse oder -verluste zu bestimmen. Ohne dieses Wissen ist es schwierig, die Rolle der Mangroven im globalen Kohlenstoffkreislauf zu bewerten und gezielte Schutzmaßnahmen zu entwickeln, um dieses wichtige Ökosystem für den Klimaschutz, aber auch für viele andere Dienstleistungen, die es liefert, zu erhalten.